Auszug aus dem Buch « Le Livre des Imraguen, Pêcheurs du Banc d’Arguin en Mauritanie » von Marie-Laure de Noray-Dardenne, Verlag Buchet et Chastel.
Mit dem Park zu existieren, das bedeutet, darin seinen Platz zu haben. Diesen Platz hat man sowohl in seiner Eigenschaft als Teil des Ökosystems, aber auch einfach als Mensch. Existieren, das bedeutet, die Mittel zum Leben zu haben, nicht nur zum Überleben.Die Mittel zu haben, um menschenwürdig leben zu können, zumindest entsprechend den Lebensbedingungen Mauretaniens, das weltweit immer noch zu den Schlusslichtern des UN-Entwicklungsindex zählt, trotz seiner Bemühungen die Lebensbedingungen der Bürger zu verbessern. (Das BIP von Mauretanien liegt im Jahr bei 500 Dollar pro Kopf).
Gemessen an den Entwicklungsindikatoren, steht das Land weit hinten, das stimmt. Man sagt, dass hier jede zweite Person unter der Armutsgrenze lebt. Nichtsdestotrotz werden Anstrengungen unternommen, und Gesundheits- und Bildungswesen verbessern sich nach und nach. Allerdings sind es nicht die Dörfer des Banc d’Arguin, in denen diese Entwicklung sichtbar ist. Das Gebiet selbst wird stark geschützt, um eine weitere Schädigung der Umwelt zu verhindern. Das darf jedoch nicht bedeuten, dass die Imraguen dadurch gleichzeitig vor ihrer eigenen Entwicklung „geschützt“ werden.
Das Thema Entwicklung innerhalb des Banc d’Arguin ist weites, viel diskutiertes Anliegen. Die Probleme sind komplex und oft widersprüchlich. Schon der Ansatz ist extrem problematisch. Das Problem lässt sich auf folgenden Nenner bringen: Je mehr Menschen im Banc d’Arguin leben, desto mehr ist dessen Umwelt bedroht. Also beschränken wir die Bevölkerung, indem wir den Zuzug von Neuankömmlingen zu verhindern versuchen. Es ist nicht der Platz, der fehlt; und auch bei den Ressourcen weiß man, dass die Imraguen, die vor Ort sind, nur einen kleinen Teil der Fische und Meerestiere selbst konsumieren.
In der Unterzahl zu sein bedeutet, an der Grenze zu sein; an der Grenze und oft darunter, wenn es darum geht sich bei Ministerien oder sonstigen Verwaltungsapparaten Gehör zu verschaffen, um eine Schule oder ein neues Gesundheitszentrum zu bekommen. Trotzdem kann man der Parkverwaltung nicht vorwerfen, den Anwohnern kein Gehör zu schenken.
Ihren Willen zum Gespräch bekräftigt die Parkverwaltung mit der Einrichtung von entsprechenden Arbeitsgruppen und regelmäßigen Versammlungen, die nacheinander in den Dörfern abgehalten werden. Dort haben sie die Funktion von Anhörungen, bei denen die Vertreter der Dörfer, ihre Beschwerden vortragen können.
Paradox ist hierbei die Situation an sich: Auf einem Gebiet von 12.000 km² befinden sich gerade einmal neun Dörfer, in denen 1.500 Menschen leben (wenn nicht sogar weniger, manche sprechen von 1.200) – zu wenige, um mit voller Legitimation notwendige Mittel und Ausstattung einfordern zu können.