Auszug aus dem Buch « Le Livre des Imraguen, Pêcheurs du Banc d’Arguin en Mauritanie » von Marie-Laure de Noray-Dardenne, Verlag Buchet et Chastel.
Abou Malal Bâ wacht Tag und Nacht über die Gesundheit der Imraguen. Und wenn er es könnte, würde er sie alle heilen. Aber leider hat er nur zwei Hände, und ohne die Fähigkeit zur Omnipräsenz ist es ihm leider nicht möglich, am selben Tag eine Wunde in Mamghar, eine Lungenentzündung in Agadir und ganz nebenbei noch einen Sonnenstich Mitten in der Wüste zu behandeln. Die Konkurrenz hält sich für Abou im Banc d’Arguin in überschaubaren Grenzen – er ist die einzige diplomierte Gesundheitsfachkraft in der Gemeinde Mamghar, die die neun Dörfer des Parks in sich vereint. Die Organisation „Apotheker ohne Grenzen“ hat vor einigen Jahren trotzdem eine Praktikumsstelle hier eingerichtet, mit dem Ziel, aus jedem Dorf ein oder zwei Personen in der Basisgesundheitsversorgung und Erster Hilfe auszubilden.
Abou war selbst einer der Dozenten. Aber aufgrund fehlender Mittel und fehlender Entlohnung haben die Dorfbewohner ihrer noblen Mission den Rücken gekehrt oder ihre Ausbildung anderswo fortgesetzt. Als Gesundheitshelfer der Gemeinden bekommt man vom Staat keinerlei Mittel oder Gelder; man bleibt abhängig von der freiwilligen Unterstützung durch die Dorfgemeinschaft. Das Ganze ist eine Grundsatzfrage. Die Idee ist gut, ohne Frage, aber ihre Umsetzung in der Realität ist für die Pfleger und Ärzte nicht immer einfach: Ihre anfängliche Motivation nimmt mit der Zeit mangels Anerkennung und Bezahlung ab.
Die Dorfleute wollen den neuen Fähigkeiten ihres Fischerei-Kameraden nicht so recht glauben schenken. Das ist schade und macht Abou seine Aufgabe nicht gerade leichter. Trotzdem lässt er sich nicht entmutigen und hat immer wieder neue Ideen. Sein neuestes Vorhaben: ein mobiles Krankenpfleger-Team unterstützt durch Mitarbeiter des Parks – aus logistischen Gründen. Schon kurz nach Beginn war Abou vom Ergebnis der Aktion begeistert: 70 Untersuchungen in zwei Tagen, und dabei sind die Impfungen nicht mitgezählt! Da er während der Tour seinen Gesundheitsposten in Mamghar schließen muss, kann er solche Aktionen nicht jeden Tag machen…es würde wirklich dringend ein zweiter Gesundheitshelfer gebraucht.
Abou nennt uns die häufigsten Krankheiten: Lungenerkrankungen, Bindehautentzündung, Durchfallerkrankungen, Arbeitsunfälle der Fischer – darunter oft durch Angelhaken verursachte Risswunden. Außerdem hilft er auch bei Entbindungen.
Nach den Worten von Abou sind Fälle von Unterernährung sehr selten. Es mangelt an frischem Gemüse, das stimmt, aber Fisch ist ein sehr reichhaltiges und wertvolles Nahrungsmittel. Ein viel größeres Problem ist hingegen der Wassermangel, vor allem bei den kleinen Kindern.