Jedes Jahr im Herbst machen sich Millionen Zugvögel auf zu ihrer jährlichen, weiten Reise und überqueren Wüsten und Kontinente bevor sie schließlich in Banc-d’Arguin einen sicheren Unterschlupf finden. Wenn der Frühling beginnt, machen sie sich auf den Weg nach Norden, um nach Europa zurückzukehren. Während ihrer Reise überqueren sie politische, ökonomische und kulturelle Grenzen und finden dabei immer wieder Brutstätten, Orte des Rückzugs und Nahrungsquellen. Die Zugvögel sind das Symbol und der lebende Beweis dafür, dass der Erhalt von Weltnaturerbe keine Frage von Landesgrenzen ist, sondern dass es sich dabei um Ökosysteme handelt, die miteinander zusammenhängen und voneinander abhängen. Der Vogelzug gilt als eines der großen Naturwunder. Die Distanz, die der Knutt (Calidris cannutus) aus der Familie der Schnepfenvögel, auch Knuttstrandläufer genannt, während seiner Reise von Europa nach Banc d’Arguin zurücklegt, liegt bei 4.500 km!
Ein Großteil der Vögel reist in Schwärmen, die sich zu einer V-Formation fügen. Obwohl immer noch weitestgehend unbekannt ist, wie sich die Vögel während des Fluges orientieren, weiß man über ihre bevorzugten Ziele mittlerweile gut Bescheid…eines dieser Ziele ist Mauretanien. Tatsächlich sind es jährlich mehr als zwei Millionen Zugvögel, die in Banc d’Arguin Schutz, Nahrung und Ruhe finden. Die Tatsache, dass der 12,000 km2 große Park bis auf ca. 1000 Imraguen-Fischer unbewohnt ist, macht Banc-d’Arguin für die Vögel zu einer wahren Oase des Friedens – was durch das Projekt von Sidi noch gefördert und verstärkt werden soll. Der natürliche Auftrieb im Meer vor Banc d’Arguin sorgt dafür, dass das Plankton in die oberen Wasserschichten getragen wird („Upwelling“). Da Plankton die Basis der maritimen Nahrungskette ist, finden sich in diesen Wasserschichten auch große Mengen an Fischen und Krustentieren, genauso wie Weichtiere (z.B. Schnecken und Muscheln) und Würmer – ein wahres Schlemmerparadies für die Zugvögel, die aus dem Nordosten Europas kommen und fast alle in Banc d’Arguin überwintern. Der weiße Löffelreiher beispielweise, zu erkennen an seinem langen, platt geformten weißen Schnabel, kommt aus Europa, überquert Ozean und Wüste um sich schließlich in Banc d’Arguin fortzupflanzen. Der Löffelreiher ist mittlerweile endemisch. Doch auch für die anderen europäischen Zugvogelarten auf der Suche nach Ruhe und Erholung sind die Inseln des Banc d’Arguin ein wahres Fortpflanzungsparadies, in dem verschiedene Reiherarten, Flamingos und Möwen nisten und sich vermehren.
Das Banc d’Arguin ist die letzte noch unberührte, naturbelassene Fläche in Westafrika. Aus diesem Grund findet man dort noch Tierarten die anderswo vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben sind. Dennoch ist auch dieses Vogelparadies empfindlich und bedroht. Die größte Gefahr für den Banc d‘Arguin ist die Entdeckung von nahegelegenen Erdölvorkommen und die touristische Erschließung des Gebiets. Die von Sidi geplanten Vogelwarten, die die Beobachtung der Vögel möglich machen und dabei dennoch sicherstellen, dass Ruhe und Intimsphäre der Vögel nicht gestört werden, sind ein weiterer Schritt im Bemühen um den weltweiten Schutz der Vögel. damit die Vögel überleben und wir sie auch nächsten Frühling wieder bei uns in Europa begrüßen dürfen!
Photos by Hellio & Van Ingen