Zwischen dem Senegal-Fluss und Guinea-Bissau ist die Atlantikküste voll von Anhäufungen alter Muscheln, wie sie auch im Sine-Saloum Delta zu finden sind. Diese aus der Altsteinzeit stammenden Inseln zeugen von dem großen Konsum an Muscheln zu jener Zeit. Die Archäologen, die sich seit Kurzem für diese „Küchenabfälle“ interessieren, haben zwischen den Muscheln auch Teile von Tongefäßen und Spuren alter Feuerstellen gefunden. Diese Orte, die damals als Totenstätte für hochrangige Personen genutzt wurden, sind für die Bewohner des Saloum-Deltas noch immer heilige Stätten.
Die Ufer des Bolong verschwinden langsam… Hinter der langen, schmalen und knorrigen Silhouette von Ibrahima, der vorne in der Pirogue steht, entdecke ich den Fluss. Uns gegenüber steht ein Wachturm. „Willkommen in Bamboung!“ sagt Jean. An seinem breiten Lächeln merke ich, wie sehr er sich über diesen Erfolg freut. Was wir dort sehen ist sein „Baby“. Er hat eine verrückte Zeit hinter sich, aber hier - direkt vor uns - liegt das Ergebnis seines beharrlichen Engagements! Im Jahr 2002 haben sich hier Toubacouta, Soucouta, Sipo, Bettenti, Nema Bah, Dassilamé und sieben weitere Dörfer zusammengetan und haben einstimmig über die Schaffung des ersten gemeinschaftlichen Meeresschutzgebietes beraten, das dann im Jahr 2004 durch ein Präsidialdekret offiziell anerkannt wurde. Alle waren damit einverstanden, den Fischfang in diesem Gebiet zu verbieten – für die Serer, diesem am Meer lebenden Stamm, ist das ein wahres Opfer. Dennoch war ihr Einsatz so entschieden, dass sie es sogar verweigert haben, eine Pufferzone zu beanspruchen, die herkömmlicherweise für alle Meeresschutzgebiete vorgesehen ist.
Auf dem Wachturm wedeln Dianoune und Babacar mit den Armen und laden uns ein, zu ihnen auf den Turm zu steigen und einen Tee zu trinken - ihre Lieblingsbeschäftigung, um die Zeit totzuschlagen. „Wir trinken hier viel Tee“, erklärt mir Babacar. „So brauchen wir weniger Schlaf und können das Gebiet hier aufmerksamer beobachten.“ Dianoune und er sind zwei von insgesamt 16 Wachmännern, die sich im 48-Stunden-Takt bei ihrer neuerdings bezahlten Arbeit ablösen, um sicher zu stellen, dass kein Fischer Zugang zu den Gewässern erhält. Von dort oben wachen sie über einen Schatz: Das Meeresschutzgebiet von Bamboung. 7.200 Hektar eines intakten, äußerst vielfältigen Ökosystems mit nahezu unberührten Mangroven, die in ihrer Eigenschaft als Laichplatz und „Kinderkrippe“ eine wichtige Rolle innerhalb dieses Systems spielen.
Die Schaffung eines Meeresschutzgebiets beginnt zunächst einmal damit, seine Grenzen festzulegen. Die im Jahr 2003 von den Fischern selbst installierten Bojen sind ein deutliches Signal an die anderen Fischer, dass ihre Netze hier nicht (mehr) erwünscht sind. In ihrer neuen Funktion als „Öko-Wächter“, tragen sie eine eigene Uniform und führen Buch über alle gemeldeten Verstöße gegen den Schutz des von ihnen bewachten Gebiets.
Das Océanium gibt beim IRD – dem Institut für Recherche und Entwicklung - eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Fischarten in Auftrag. Zwei Jahre später sind die beteiligten Forscher regelrecht enthusiastisch. Das Verbot des Fischfangs hat schnell Wirkung gezeigt: Die Durchschnittsgröße der Fische hat zugenommen, 16 neue Arten sind identifiziert worden – unter ihnen der Thiof genannte weiße Zackenbarsch (Epinephelus aeneus, eine besonders bedrohte Fischart) der das geschützte Gebiet in seinen ersten Lebensjahren durchquert. Die Biomasse hat insgesamt stark zugenommen. Der Delphin - der größte der dort heimischen Raubfische - der in der Lage ist, flussaufwärts zu schwimmen und den man in diesem Gebiet seit Langem nicht gesehen hat, hat sich wieder angesiedelt. Auch die Fischer sind stolz: Der Thiof ist ein solch edler, starker und schöner Fisch, dass nach ihm sogar die jungen Männer, besonders in Dakar, benannt werden.